Hugo Larsson: "Ich will ein Teil der Eintracht-Reise sein"

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Seit seinem Wechsel nach Frankfurt in 2023 ist Hugo Larsson zu einem der wichtigsten Spieler der SGE geworden. Mit seinen gerade einmal 20 Jahren ist er im Mittelfeld absolut gesetzt und laut Berichten steht das Juwel auf fast jeder Scouting-Liste der europäischen Top-Klubs. Im Interview mit dem Kicker spricht Larsson über seine Jugend in einem kleinen schwedischen Dorf, die Talentförderung in Frankfurt und den Spagat zwischen Profi-Fußball und Schule.

“Man sollte jeden Menschen so behandeln, wie man auch selbst behandelt werden möchte. Daran sollte man in jeder Lebenssituation denken”, erzählt Larsson über die Werte, die ihm von seinen Eltern schon in jungen Jahren vermittelt wurden. “Wir sind junge Leute mit viel Geld und Ruhm, aber das macht uns nicht besser als andere. Das muss man sich jeden Tag ins Gedächtnis rufen, sonst hebt man vielleicht ab. Ich möchte bescheiden bleiben, hart arbeiten und immer ein Lächeln auf den Lippen haben. Du musst Spaß am Fußball haben, denn davon haben wir als Kinder alle geträumt.” Der 20-Jährige wuchs in dem kleinen Örtchen Svarte an der Südküste Schwedens auf. Dort machte er auch fußballerisch beim SoGK Charlo seine ersten Schritte und wurde dabei anfangs sogar noch von seinen Eltern trainiert. “Wenn du jung bist, ist es natürlich schön, wenn deine Eltern immer bei dir sind. Aber teilweise war es auch ein bisschen komisch, als Kind fühlt man sich manchmal mehr unter Druck gesetzt als die anderen Jungs. Doch im Rückblick war das eine gute Sache. Ich bin froh, dass sie sich bis heute für meine Spiele interessieren und wir die Erfolge gemeinsam teilen können.” Im Hause Larsson spielte der Fußball schon immer eine große Rolle. Beide Eltern traten in Schweden selbst in unteren Klassen gegen den Ball. “Wenn mein Vater von seiner Karriere erzählt, übertreibt er aber gerne ein wenig”, lacht Larsson. Im Alter von 12 Jahren verließ er dann seine Komfortzone und wechselte in die Jugend von Malmö FF: “Damit wurde ein Traum wahr, Malmö war schon immer mein Lieblingsverein. Dort war ich gezwungen, mich anzupassen, ohne meine Persönlichkeit zu verändern. Diese Erfahrung half mir später auch bei meinem Wechsel zur Eintracht. Ich wusste, wie man sich schnell in eine neue Gruppe integriert. Das war auch ein Grund, weshalb ich so schnell gute Leistungen bringen konnte.” Dabei hatte das Mittelfeld-Ass einen knallharten Alltag zu bewältigen. “Ich stand um sechs Uhr auf und nahm den Zug, der eine Stunde nach Malmö fuhr. Um 8 Uhr ging die Schule los, ein spezielles Fußballgymnasium. Dort hatten wir bis um 10 Uhr Unterricht, danach Training und ab 12 Uhr wieder Unterricht. Anschließend gab es ein zweites Training, meistens bis 18 Uhr. Dann ging es mit dem Zug wieder zurück, gegen 19 oder 20 Uhr war ich zum Abendessen zu Hause. So sah zwar nicht jeder Tag aus, aber schon drei- bis viermal die Woche. Schon als ich jung war, nahm ich den Fußball sehr ernst. Seit ich 12 oder 13 Jahre alt war, lebe ich wie ein Profi. Schon damals war ich überzeugt, nur so das Top-Level erreichen zu können.” Anfangs hatte Larsson vor allem mit seiner Größe zu kämpfen, denn im Vergleich zu seinen Mitspielern war er deutlich kleiner. “Ich erinnere mich noch gut daran, wie schwierig es für mich war, als ich nicht für die Junioren- Nationalmannschaft nominiert wurde. Ich hatte gut gespielt, war aber einfach nicht groß genug”, erinnert sich Larsson. “Zum Glück gibt es in Schweden ein sogenanntes Zukunftsteam, zu dem ich einige Monate später eingeladen wurde. Das ist eine weitere Nationalmannschaft, zu der die kleineren Spieler eingeladen werden, damit sie die gleiche Aufmerksamkeit erhalten. Das ist eine sehr gute Initiative, die für mich und meinen weiteren Weg vielleicht entscheidend war. Dort bekam ich das Vertrauen, das ich brauchte, um mich auf das nötige Niveau zu pushen. Ich fühlte mich geschätzt. Trotzdem war es eine schwere Zeit, wenn du nicht so schnell wächst wie die anderen Jungs. Ich musste in Malmö zum Beispiel zwei Jahre in der U 16 spielen, im zweiten Jahr mit den jüngeren Spielern. Da musste ich eine Führungsrolle übernehmen, was eine wichtige Erfahrung war.”

“Gebt euren Kindern Milch”

Ab der U17 fing er dann aber an zu wachsen und auf einmal ging dann alles ganz schnell. “Ein halbes Jahr in der U 17, ein halbes Jahr in der U 19, und dann eineinhalb Jahre in der Profimannschaft von Malmö. Als ich anfing zu wachsen, ging meine Karriere ab wie eine Rakete. Also gebt euren Kindern Milch”, lacht Larsson. “Natürlich musste ich eine Menge opfern, aber ich glaube nicht, dass mir etwas fehlt. Wäre ich nicht diesen Weg gegangen, hätte ich vielleicht mehr am sozialen Leben teilhaben können. Aber ich lebe meinen Traum und habe einen kleinen Freundeskreis mit vielleicht zehn Freunden, das genügt mir völlig.” Die harte Arbeit hatte sich also ausgezahlt und mit gerade einmal 17 Jahren spielte er für das größte Team Skandinaviens: “Natürlich veränderte sich viel, denn ich ging ja parallel aufs Gymnasium und hatte noch eineinhalb Jahre bis zum Abschluss vor mir. Ich verlor praktisch mein Sozialleben und musste versuchen, alles irgendwie zu managen. Ich musste die Schulsachen zu Hause erledigen und für die Tests in die Schule kommen. Das war nicht besonders spaßig. Doch meine Mutter arbeitet selbst als Schuldirektorin, also musste ich es machen.” Und so konnte Larsson schließlich mit seinen Schulfreunden den Abschluss machen. Wobei ein Tag später mindestens genauso wichtig werden sollte. “Am Freitag machte ich meinen Abschluss, am Samstag absolvierte ich auswärts mein letztes Spiel für Malmö. In der Nacht nach meinem Abschluss konnte ich deshalb nicht mit allen anderen die Nacht durchfeiern. Ich weiß nicht, wie das in Deutschland ist, aber in Schweden ist das wirklich ein großer Tag, der richtig gefeiert wird. Da fährt man auf Trucks durch die Gegend.” Bereits zuvor hatte er sein letztes Heimspiel absolviert: “Es saßen 50 bis 60 Verwandte und Freunde auf der Tribüne, vom Cousin bis zur Großmutter. Und dann schoss ich auch noch auf Vorlage eines meiner besten Freunde das 1:0. Das war ein toller Tag, den ich nie vergessen werde. So ein Abschied ist ein Privileg. Die Leute sagten, dass das besser war als beim Abschied einer Legende in den Ruhestand.” Zu diesem Zeitpunkt war der Larsson-Hype in Schweden riesengroß: “Verglichen mit der Eintracht ist Malmö ein recht kleiner Klub. Die Fans haben sich für mich gefreut. Meine Ablöse sorgte für einen neuen Rekord in Schweden, es war also auch für den Klub ein spezieller Tag. Die Fans waren nicht sauer, sondern fröhlich.” In Schweden ist der 20-Jährige mittlerweile sehr bekannt. Es war also kein Zufall, dass er seinen letzten Geburtstag in einer abgelegenen Hütte mitten im Wald gefeiert hat. “Wenn ich frei habe, möchte ich nicht auch noch an Orten sein, wo mich die Menschen ständig beobachten. Im Wald erkennt mich niemand, deshalb fuhren wir vier, fünf Stunden in den Norden von Schweden, wo ich meinen Geburtstag mit meinen Eltern und meiner Schwester feiern konnte. Die Zeit mit der Familie genieße ich sehr.”

Wahlheimat Sachsenhausen

2023 ging es für den Mittelfeldspieler dann für 9 Millionen Euro nach Frankfurt. “Es war immer mein Ziel, aus Schweden in die Bundesliga zu wechseln, weil das für junge Spieler eine Top-Liga ist, die mit der Intensität zu meinem Profil passt. Als Frankfurt anrief, sagte ich meinen Beratern direkt, dass ich nirgendwo anders hin will”, erinnert sich Larsson. “Die Eintracht hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie ein perfekter Verein für die Entwicklung junger Spieler ist. Hier kann man sich auf großer Bühne präsentieren. Es macht großen Spaß, und ich habe das Gefühl, dass wir jedes Jahr ein erfolgreiches Team haben können.” Angst zu scheitern hatte der schwedische Rekord-Transfer bei seinem Wechsel nicht. Trotzdem ist es für ihn die erste Station alleine im Ausland. “Das machte mich schon etwas nervös. Bisher habe ich es aber gut gemeistert und bereits einige Freunde gefunden. Im Verein gibt es viele Leute, die sich um die jungen Spieler kümmern. Das ist einer der Gründe, weshalb bei der Eintracht so viele Talente schnell performen können.” Heimisch geworden ist er mittlerweile in Sachsenhausen. Dabei lebt er in der früheren Wohnung des Ex-SGE-Coach Oliver Glasner. “Ich habe ihm sogar Möbel abgekauft: zwei Betten, ein Sofa, den Esstisch, fast alles”, lacht Larsson. Den Feierlichkeiten im Ausgehviertel bleibt er aber meistens fern. “Wenn Besuch aus Schweden da ist, unternehme ich natürlich etwas. Es gibt schöne Cafés und Geschäfte. Aber in englischen Wochen erhole ich mich meistens zu Hause oder verbringe die Zeit hier im Profi-Camp. Ich führe abseits der Arbeit also für einige vielleicht nicht das aufregendste Leben, aber für mich ist es perfekt. Etwa einmal im Monat fliege ich in die Heimat zu meiner Familie.” In Frankfurt schaffte es das Ausnahmetalent praktisch ohne Anlaufschwierigkeiten zu überzeugen: “Ich entwickele mich jeden Tag weiter – auf und außerhalb des Platzes. Mir wurde beigebracht, aggressiver zu werden, besser und ruhiger am Ball zu agieren. Wir arbeiten auch viel individuell, die persönliche Entwicklung wird hier sehr ernst genommen. Das schätze ich sehr.” Auch bei der Muskelmasse hat er zugelegt. “Ich werde nie wie Goretzka aussehen, aber es ist ein großes Ziel, meinen Körper so in Form zu halten, dass ich eine ganze Saison durchspielen kann. In der vergangenen Spielzeit war ich zweimal verletzt, hoffentlich schaffen wir es dieses Jahr.” Besonders wichtig sind dem 20-Jährigen Routinen in seinem Alltag: “Ich esse jeden Tag das gleiche Frühstück und den gleichen Snack abends. Morgens gibt es zwei Sandwiches, ein Omelett, Haferflocken mit Früchten, einen Ingwer-Shot und Wasser. Beim Lunch esse ich das, was im Profi-Camp gekocht wird. Spät am Abend nehme ich noch Overnight-Oats, ein Sandwich und eine Banane zu mir. Ich gehe auch – abgesehen von unseren Spätspielen – immer zur gleichen Zeit ins Bett, versuche, neun oder zehn Stunden zu schlafen. Mir helfen diese Routinen. Wenn ich dadurch auch nur ein, zwei Prozent besser werde, ist es das wert.”

Eine Mischung aus Fokus und Spaß

In der aktuellen Saison kommt Larsson bereits auf drei Treffer. “Ich will mich häufiger in Position bringen, um Tore schießen zu können. Das ist auch einer der Punkte, auf den mich die Analysten aufmerksam machten”, erklärt er. “Bisher läuft es richtig gut, aber ich möchte keine Zahl nennen, wie viele Tore ich dieses Jahr schießen will. Das würde unnötigen Druck erzeugen. Grundsätzlich spiele ich sehr gerne in dieser Box-to-Box-Rolle, in der ich vorne etwas bewirken, aber auch die Defensivreihe unterstützen kann. Da kann ich mich ebenfalls weiter verbessern, indem ich noch aggressiver werde und mich manchmal besser positioniere.” Anfang Oktober verlängerte er seinen Vertrag vorzeitig bis 2029: “Bei der Eintracht fühle ich mich sehr wohl – auf und abseits des Platzes. Ich genieße die Zeit hier. Ich glaube, dass Frankfurt mit jedem Jahr besser wird, und ich möchte ein Teil dieser Reise sein. Wir können in Deutschland ein Top-Klub werden, wenn wir nicht bereits einer sind.” Auch in dieser Saison sieht Larsson schon gute Chancen auf einen Platz in den Top vier. “Wir haben gute Spieler verpflichtet. Aber auch die Spieler, die – wie ich – vor einem Jahr kamen, fühlen sich in dieser Saison noch besser”, lobt der Mittelfeldspieler. “Da spreche ich wahrscheinlich für zehn andere Jungs in der Kabine. Jetzt kennen wir die Liga und wissen, was der Trainer will. Wir haben in dieser Saison nicht nur eine großartige erste Elf, sondern insgesamt einen sehr starken Kader. Das hat unter anderem die Rotation beim 7:2 gegen Bochum gezeigt.” In der Offensive stechen vor allem Omar Marmoush und Hugo Ekitiké hervor. Bei beiden Teamkollegen sieht Larsson Weltklasse-Potenzial: “Omar hat das wahrscheinlich schon gezeigt, er ist in der Bundesliga bereits jetzt fast die Nummer eins. Sie schießen nicht nur viele Tore, sondern arbeiten auch hart für das Team. Neben dem Platz tragen sie mit ihrer positiven Art zu einer guten Atmosphäre bei.” Aber auch Larsson ist neben dem Platz ein humorvoller Typ. “Die Mischung aus dem richtigen Fokus und Spaß ist sehr wichtig. Ich unterhalte mich gerne und mache Witze. Aber das hängt von der Persönlichkeit ab, andere Typen bleiben lieber ruhig. Jeder muss den richtigen Weg für sich finden.” Hugo Larsson denkt aber auch schon an die Zeit nach der Karriere. So beschäftigt er sich in seiner Freizeit mit Investments in Unternehmen: “Als Fußballer hat man viel Freizeit, in der man sich auch mit seinem Gehirn beschäftigen sollte, anstatt nur auf der PlayStation zu spielen”, erklärt der 20-Jährige, der beispielsweise in ein Unternehmen investiert, das viele Grundstücke und Immobilien in Nordschweden kauft und entwickelt. “Die Schneemenge in den Alpen nimmt von Jahr zu Jahr ab, was dazu führt, dass immer mehr Menschen nach Schweden fahren, um dort Ski-Urlaub zu machen. Andererseits wächst die Outdoor-Industrie in Nordschweden kontinuierlich. Im Zusammenhang mit meinen Investitionen recherchiere ich viel und spreche mit vielen Leuten, die mich umgeben. Das macht mir Spaß, und es hilft mir auch, mir nicht die ganze Zeit zu Hause ausschließlich Gedanken über Fußball zu machen. Es ist für einen 20-Jährigen vielleicht ungewöhnlich, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen, aber ich denke, es ist wichtig, sich auf das Leben nach dem Fußball vorzubereiten. Vielleicht werden diese Investitionen später einmal meine Arbeit sein.”

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